Hardland
Tragödienbastard
Tiere treffen Tiere
Stützen der Gesellschaft
Maria Magda
Der Chor
Die bitteren Tränen der Petra von Kant
Werther
Konsens
Kleiner Mann was nun
Acts of Goodness
Bluthochzeit
Schuberts Winterreise
Ödipus Stadt
Noahs Flut
Michael Kohlhaas

Nichts zu verlieren

(Bühne und Kostüm)
Text: Marilyn Felt
Regie: Christian Schäfer
Theater Augsburg, Komödie
Premiere: 20.01.05



Bayerische Staatszeitung 4. Februar 2005 von P. Plocher

Psycho-Duell über den Wolken

„Nichts zu verlieren‘ von Marilyn Feit im Theater Augsburg

„Nichts zu verlieren“, eine gewalttätige Mischung aus Reißer, Psychokrimi und Kolportage, schildert die Etappen einer Flugzeugentführung und konfrontiert dabei neunzig atemlose und spannende Minuten lang einen hochfanatisierten arabischen Terroristen mit einer amerikanischen Psychologin, die sich völlig von den Wurzeln ihrer jüdischen Herkunft gelöst hat.
Dass seit der Uraufführung des Stückes vor anderthalb Jahrzehnten der Terrorismus rings um den Globus eine Blutspur hinter sich herzieht, die immer breiter anschwillt, zeigt der tägliche Blick auf die Schlagzeilen und in die Femsehnachrichten. Die Terrorakte auf israelischem und palästinensischem Gebiet, die Situation im Irak und der 11. September, um nur die finstersten Dauerbrenner dieses Horrorszenarios zu erwähnen, geben weniger denn je Anlass zu Optimismus. Und dass zur Zeit der Deutsche Bundestag darüber debattiert, ob auf Befehl des Verteidigungsministers ein entführtes Passagierflugzeug abgeschossen werden darf, falls es dicht besiedelten Wohnraum über der Bundesrepublik ansteuert, zeigt, wie fatal und ausweglos die Situation ist.

So besehen ist Marilyn Felts Theaterstück mit seinem halb-, nein viertelwegs angedeuteten happy end (der Terrorist verhilft der Passagierin zur Flucht) fast schon eine rührende Utopie von gestern. Die Botschaft, dass Täter und Opfer einander näher kommen, ist schlicht zu schön, um wahr zu sein. Al-Khaida und ihresgleichen haben der Geschichte des Terrorismus schon längst auch das winzigste Hoffnungsfünkchen ausgeblasen. Die Kidnapping-Dokumentation des letzten Jahrzehnts zeigt, dass es allenfalls zu panikartigen Solidarisierungsversuchen der Entführten mit ihren Peinigern kommt. Zu lachen, liebes Augsburger Publikum, gibt es da eigentlich gar nichts.

Regisseur Christian Schäfer inszeniert zügig, straff und konsequent und kreiert dabei eine dichte Atmosphäre voll zerstörerischer Angst und Ausweglosigkeit. Sie ist eingebettet in das von Hella Prokoph lebensecht und bis aufs letzte Tüpfelchen detailverliebt nachgestellte Interieur einer Boeing 747.
Frank Siebenschuh spielt den motorisch wie rhetorisch hochexplosiven Ahmed, eine lebende Bombe, prall gefüllt mit atavistischem Glaubenseifer, mittelalterlichen Macho-Parolen und blindwütig hinausgebrülltem Hass auf den jüdischen Erzfeind und den US-Imperialismus. Sein Zorn züngelt immer gefährlicher in Richtung der zutiefst verängstigten Barbara, die von Nicole Schneider unter Aufbietung aller seelischen wie körperlichen Verzweiflungs-Register nicht minder beeindruckend umgesetzt wird. Sie durchlebt und durchleidet in dieser Ausnahmesituation mit hingebungsvoller Glaubwürdigkeit alle Stationen ihrer Existenz, von der smarten Intellektuellen über die abgrundtief verzweifelte Mutter eines kleinen Jungen bis zur geschundenen und gedemütigten Kreatur, die nur noch auf die vegetativen Reaktionen ihres Körpers reduziert ist. Eine feine, mit unendlich vielen Vorhängen belohnte Leistung eines hochklassigen Ensembles, gedacht auch als Beitrag zu ,,Pax 2005″, dem Augsburger Friedensjahr. Das Stück könnte aktueller nicht sein – leider doch.


Bayerische Staatszeitung 4. Februar 2005 von P. Plocher

Psycho-Duell über den Wolken

„Nichts zu verlieren‘ von Marilyn Feit im Theater Augsburg

„Nichts zu verlieren“, eine gewalttätige Mischung aus Reißer, Psychokrimi und Kolportage, schildert die Etappen einer Flugzeugentführung und konfrontiert dabei neunzig atemlose und spannende Minuten lang einen hochfanatisierten arabischen Terroristen mit einer amerikanischen Psychologin, die sich völlig von den Wurzeln ihrer jüdischen Herkunft gelöst hat.
Dass seit der Uraufführung des Stückes vor anderthalb Jahrzehnten der Terrorismus rings um den Globus eine Blutspur hinter sich herzieht, die immer breiter anschwillt, zeigt der tägliche Blick auf die Schlagzeilen und in die Femsehnachrichten. Die Terrorakte auf israelischem und palästinensischem Gebiet, die Situation im Irak und der 11. September, um nur die finstersten Dauerbrenner dieses Horrorszenarios zu erwähnen, geben weniger denn je Anlass zu Optimismus. Und dass zur Zeit der Deutsche Bundestag darüber debattiert, ob auf Befehl des Verteidigungsministers ein entführtes Passagierflugzeug abgeschossen werden darf, falls es dicht besiedelten Wohnraum über der Bundesrepublik ansteuert, zeigt, wie fatal und ausweglos die Situation ist.

So besehen ist Marilyn Felts Theaterstück mit seinem halb-, nein viertelwegs angedeuteten happy end (der Terrorist verhilft der Passagierin zur Flucht) fast schon eine rührende Utopie von gestern. Die Botschaft, dass Täter und Opfer einander näher kommen, ist schlicht zu schön, um wahr zu sein. Al-Khaida und ihresgleichen haben der Geschichte des Terrorismus schon längst auch das winzigste Hoffnungsfünkchen ausgeblasen. Die Kidnapping-Dokumentation des letzten Jahrzehnts zeigt, dass es allenfalls zu panikartigen Solidarisierungsversuchen der Entführten mit ihren Peinigern kommt. Zu lachen, liebes Augsburger Publikum, gibt es da eigentlich gar nichts.

Regisseur Christian Schäfer inszeniert zügig, straff und konsequent und kreiert dabei eine dichte Atmosphäre voll zerstörerischer Angst und Ausweglosigkeit. Sie ist eingebettet in das von Hella Prokoph lebensecht und bis aufs letzte Tüpfelchen detailverliebt nachgestellte Interieur einer Boeing 747.
Frank Siebenschuh spielt den motorisch wie rhetorisch hochexplosiven Ahmed, eine lebende Bombe, prall gefüllt mit atavistischem Glaubenseifer, mittelalterlichen Macho-Parolen und blindwütig hinausgebrülltem Hass auf den jüdischen Erzfeind und den US-Imperialismus. Sein Zorn züngelt immer gefährlicher in Richtung der zutiefst verängstigten Barbara, die von Nicole Schneider unter Aufbietung aller seelischen wie körperlichen Verzweiflungs-Register nicht minder beeindruckend umgesetzt wird. Sie durchlebt und durchleidet in dieser Ausnahmesituation mit hingebungsvoller Glaubwürdigkeit alle Stationen ihrer Existenz, von der smarten Intellektuellen über die abgrundtief verzweifelte Mutter eines kleinen Jungen bis zur geschundenen und gedemütigten Kreatur, die nur noch auf die vegetativen Reaktionen ihres Körpers reduziert ist. Eine feine, mit unendlich vielen Vorhängen belohnte Leistung eines hochklassigen Ensembles, gedacht auch als Beitrag zu ,,Pax 2005″, dem Augsburger Friedensjahr. Das Stück könnte aktueller nicht sein – leider doch.