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Auf dem Land


Bühne und Kostüm
Text: Martin Crimp
Regie: Katja Langenbach
Vorarlberger Landestheater Bregenz
Premiere: 06.10.07

Neue, 09. Oktober 2007

Wenn Wände einstürzen

Eine vertrackte und intensive Beziehungsgeschichte ist mit Martin Crimps „Auf dem Land“ derzeit am Vorarlberger Landestheater zu sehen.

Es wird viel gelogen, betrogen und vorgegaukelt in diese Geschichte, in der eine Dreiecksbeziehung – erweiter um Drogenabhängigkeit in mittelständischen Milieu und Stadtflucht – im Zentrum steht.
Corinne und der (zumindest ehemals) drogenabhängige Arzt Richard sind das Ehepaar mit Kindern, das von der Stadt aufs Land, in die vermeintliche Idylle, gezogen ist. Die (ebenfalls drogenabhängige) Studentin Rebecca ist die Geliebte und Nebenbuhlerin, die von Richard ins Haus gebracht wird und dort auf Corinne trifft.

Idealisierte Landschaft
Ausstatterin Hella Prokoph stellt die Inszenierung von Katja Langenbach vor eine Wand aus Kartons (mit idealisiertem Monetschen Landschaftsbild), die bereits nach den ersten Sätzen beginnen, mit lautem Getöse herunter zu fallen. Dass in der Folge immer wieder welche runter fallen, bis die gesamte Wand einstürzt, ist zwar ein schönes Bild, wird allerdings in Häufigkeit und Lautstärke überstrapaziert – irgendwann hat man es verstanden.
Regisseurin Katja Langenbach bearbeitet Martin Crimps Textvorlage, die mehr narrativen als dramatischen Charakter hat, mit Dynamik, Komik und auch Lautstärke. Berit Menze zeigt eine präsente, vielschichtige und wunderbar wandelbare Corinne, die ein Spektrum von großer Verletzlichkeit zu nahezu zynischer Abgeklärtheit durchläuft, Sara Livia Krierer eine selbstbewusste, offensive und verletzliche Rebecca. Burghard Brauns Richard schwankt zwischen Charmeur und Feigling.
Drogenabhängigkeit und die Flucht von der Stadt aufs Land werden angerissen: So lässt etwa Corinnes Erzählung ihres Spaziergangs deutlich werden, dass sie die vermeintliche Heilung Land als Bedrohung empfindet („nichts Menschliches“).
Katja Langenbach erzählt weniger eine Geschichte als dass sie genaue Einblicke in dieses Beziehungsdrama gewährt, in dem der Schein eindeutig dominiert – mit einigen sehr intensiven und berührenden Bildern und starken Darstellerinnen. Ein Theaterabend, der nicht unbeeindruckt lässt – trotz seines fragmentarischen Charakters.

Schwäbische Zeitung, 08. Oktober 2007

Vorarlberger Landestheater: „Auf dem Land“

Der Schein trügt

BREGENZ – Mit Fingerspitzengefühl und Witz hat Katja Langenbach am Vorarlberger Landestheater in Bregenz das Dreipersonenstück „Auf dem Land“ des englischen Autors Martin Crimp als Antiidylle inszeniert.
Von unserem Mitarbeiter Helmut Voith

Eine „Nocturne über Lebensängste und Besessenheit, Verrat, Selbstbetrug und Heuchelei“ nennt es der Rowohlt Theater Verlag. Die Personen sprechen miteinander, suchen sich wortreich hinter Lügen zu verbergen und zugleich die Lügen des anderenzu ergründen.
Ein Blickfang ist das Bühnenbild von Hella Prokoph. Ein cremefarbenes Ledersofa, umgeben von üppigen Topfpflanzen vor einer hoch aufragenden Rückwand, scheinbar aus roten Ziegeln, die sich später als Umzugskartons entpuppen. Ein Bild an der Rückwand führt den Blick über wogende Getreidefelder zu einem Waldrand. Idylle des Landlebens?

Der neurotische Richard (Burghard Braun) und seine nervige Corinne (Bent Menze) sind – der Kinder wegen, wie sie sagen – aufs Land gezogen, der junge Arzt und Junkie hat sich dort eine Scheinidylle aufgebaut, die auf äußerst wackeligen Beinen steht. In der Isolation werden sie ihren Neurosen nicht entkommen. Wie gefährliche Raubtiere kreisen die beiden umeinander.
Richard hat unterwegs eine bewusstlose junge Frau (Sara Livia Krierer) gefunden und nach Hause gebracht. Corinne ist verunsichert. Scheinbar naiv erzählt sie von ihrem Tagesablauf und fragt unvermittelt nach der Fremden. Der Mann gibt sich abgespannt, versucht sie zu beruhigen. Hat er etwas zu verbergen? Ein Telefonat unterbricht den eskalierenden Streit, neue Unsicherheiten tauchen auf, die Frage, ob er clean sei. Das Lauernde prägt auch das Gespräch der beiden Frauen: Welche Rolle spielt die Fremde? Bewegt sich Rebecca in einer Traumwelt, als sie mit Richard redet? Rebecca ist seit langem Richards Geliebte. Doch was will sie wirklich? Jedenfalls wird sie die Illusionen zerstören: die Illusion vom friedlichen Landleben, die Illusion, dass sie ihn liebe.

Auf den Trümmern der Idylle sitzt zuletzt Corinne im rosafarbenen Barbiekleid, Richard gratuliert ihr zum Geburtstag. Sie halten sich an den Händen, tanzen durch die Trümmer. Lebenslüge mit verkitschtem Happyend?

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