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Die Probe


Bühne und Kostüm
Text: Lukas Bärfuss
Regie: Katja Langenbach
Vorarlberger Landestheater Bregenz
Premiere: 10.01.09

Der Standard, 20. Jänner 2009

Schicksalsschwere Post für Papa

Zuschauer von Nachmittags-Talks oder Fernsehkrimis wissen um die Macht von Wattestäbchen mit verwertbarem Sabber: So manch Familienglück ging schon am Brief aus dem Labor flöten. Solche Post flattert auch zu Beginn von Lukas Bärfuss‘ Die Probe (Der brave Simon Korach) ins Haus. Der Schweizer Dramatiker spannt das Familienthema über zwei Generationen und geht die Vaterschaftsfrage nicht nur biologisch an: Auch der anpassungswillige „Ziehsohn“ des alternden Lokalpolitikers geht zuletzt zugrunde, nachdem der andere Sohn im Schock übers Fremdgehen seiner Frau den eigenen Vater grad auch noch in den Zeugungszweifel stürzend – tödlich verunglückte.

Die kluge, sehr stimmige Inszenierung von Katja Langenbach setzt auf Körperlichkeit, choreografiert wird die Szenerie auf einer gewaltig schiefen Ebene: Hella Prokop schuf eine spiegelnde Fläche, auf der die Darsteller zumeist barfuß rutschen oder robben.
Die Männerrollen bieten Möglichkeiten zur Entfaltung: Franz Nagel als vom Jovialen ins Diabolische driftender Vater, Peter Böcek als aus der Bahn geworfener Sohn und Martin Rother als Lebensmenschen heischender Franzeck. Blass bleiben die weiblichen Parts. Allein Kathrin Schwaderer, die Räucher-stäbchen-Erleuchtete, die als Veganerin aus den männlichen Familienmitgliedern nur „die Todesangst der gefressenen Schweine“ herausspürt, hat ihre Momente. Musikalische Elemente und berückende Details in der Ausstattung tragen das ihre dazu bei, dass sich die Thematik in kühlen, fast abstrakt konstruierten Bildern bewegt. (pen)

Neue, 13. jänner 2009
VON MARTIN JUEN

Peter Korach (gegeben von Peter Bocek) lässt seinem Frust freien Lauf, denn soeben erlangte er mittels Vaterschaftstest Gewissheit  darüber, dass sein Kind gar nicht das leibliche ist. Er verflucht die Gemahlin Agnes (Ingrid Lang), wünscht gar ihre Genitialien mit Fugenleim zu schließen. Und doch liebt Peter sie, oder trefflicher: Zeigt sich von ihr emotional abhängig, droht in fiebriger Eifersucht zu implodieren.

Kein Halt
Aber in seiner Ursprungsfamilie findet er keinen Halt.
Vater Simon (Franz Nagel) kommen derlei Erkenntnisse in der Endphase seines Wahlkampfes ungelegen – sie würden ihn auch sonst überfordern respektive aus dem geliebten Fußbad kippen. Simohs Wahlhelfer Franzeck (Peter Rother) hat Peters Skepsis zielstrebig angekurbelt, „wollte ihn aus seiner selbstgerechten Ruhe bringen, mal die Zweifel an ihm nagen lasen -die es täglich bei mir tun.“ So will sich der Aalglatte endgültig die Zuneigung des alten Korach sichern, zwischen welcher auch Peters Mutter Helle (Kathrin Schwaderer) beharrlich steht. Die übrigens auch ein Geheimnis hütet und dennoch mit der Problematik ihres Sohnes arge Mühe offenbart. Die Situation eskaliert, der bürgerliche Fassadenkitt zerbröselt zusehends.

Der gerade erst 37 Jahre alte Lukas Bärfuss hat in dem komplexen Stück weit mehr als nur die Suche nach der genetischen Wahrheit oder die von Simon vorerst verhöhnte ,,dynastischer Eitelkeit“ in den Mittelpunkt gestellt. Mitunter ziemlich ironisch seziert der Autor in „Die Probe (der brave Simon Korach)“ die Beziehungsgeflechte in einem Familienzwinger, in den sich die einzelnen Personen wohl mehr hineingeworfen fühlen. Denn das gegenseitige Schuldzuweisen und das Verharren in den persönlichen Befindlichkeiten will kein Ende nehmen.

Artistisch
Eine schiefe Ebene dient Katja Langenbach (Regie) und Hella Prokoph (Ausstattung) als minimalistische und gerade deshalb so zweckmäßige Bühne wie Kulisse, entpuppt sich als Präsentierteller, auf dem die Protagonisten zuweilen wehrlos in den Fokus gespült werden. Das klug geführte und glänzend disponierte Ensemble setzt in einer an Metaphern reichen Inszenierung sämtliche Schritte, ja selbst artistische Verrenkungen- bemerkenswert sicher und mit viel Verve.
Und verdiente sich letztlich jenen begeisterten Applaus mit einigen deutlichen Bravorufen, den es bei der Premiere im Kornmarkttheater Bregenz gab.

Vorarlberger Nachrichten, 21.01.09

Leserbrief

„Die Probe“
War ich wirklich in der selben Aufführung wie Frau Dietrich, wo zur Premiere von „Die Probe“ auf der Bühne des Vorarlberger Landestheaters angeblich „bierernste Väter und blöde Mütter“ als „Akrobaten“ auftraten und über den „Wert des Ejakulats“ sinniert und gestritten wurde?
Als leidenschaftliche und aufmerksame Theatergängerin, die regelmäßig die Aufführungen der Stadt- und Staatstheater besucht, war ich neugierig, was das Landestheater Bregenz aus dem zeitgemäßen Bärfuss-Text machen würde. Und wurde völlig überrascht.
Diese Inszenierung und die Aktionen der Schauspieler hielten bis zum Stückende, was mit furiosem Auftakt von Peter Bocek begann. Nicht oft habe ich so eine gescheite, interpretationsreiche und schauspielerisch sensibel und konzentriert umgesetzte Inszenierung eines Gegenwartsautors gesehen.
Ein weiterer Glücksfall: Das Bühnenbild, das eine humorvolle und außergewöhnlich einfallsreiche Choreographie ermöglichte. Chapeau, liebe Bregenzer, für dieses ästhetisch anspruchsvolle Schauspiel.
Diese Inszenierung hätte wahrhaftig eine aufmerksamere und sachlichere Kritikerin verdient.
Rhea Schönfeld